Nach einer grandiosen Leistung im Halbfinale hat die SG BBM Bietigheim beim EHF FINAL4 in Budapest eine noch größere Sensation verpasst und das Finale der EHF Champions League gegen das ungarische Topteam Györi Audi ETO KC mit 24:30 (12:17) verloren. Doch auch die Silbermedaille in der Königsklasse ist der größte Erfolg einer deutschen Vereinsmannschaft seit 32 Jahren.
Auf dem Weg zum größten Spiel der bisherigen Vereinsgeschichte wurden die SG-Ladies an der Arena in der ungarischen Hauptstadt Budapest von rund 200 mitgereisten Fans und einem weißen Fahnenmeer empfangen. Keine 22 Stunden nach dem ganz starken Auftritt im Halbfinale und dem sensationellen 36:29-Sieg gegen Metz Handball im Halbfinale startete der Deutsche Meister vor 18.500 Zuschauern im MVM Dome zunächst ordentlich in das Finale gegen Györi. Kaba Gassama gelang jeweils nach einem Zwei-Tore-Rückstand der Anschlusstreffer, sodass es nach vier Minuten 2:3 stand. Gabriela Moreschi zeigte früh im Spiel ihre ersten Paraden, doch in der Offensive leisteten sich die Bietigheimerinnen zu viele Ungenauigkeiten und Fehler. So lag die SG BBM bereits nach acht Minuten mit drei und 120 Sekunden später mit vier Toren hinten. Im Angriff fand das Team von Cheftrainer Jakob Vestergaard, der schon nach vier Minuten seine Auszeit genommen hatte, zu selten Lösungen gegen die aggressive Deckung der Ungarinnen. In der eigenen Abwehr bekam Bietigheim den sehr agilen Rückraum um Stine Oftedal, die nach dem letzten Spiel ihrer Karriere als FINAL4-MVP ausgezeichnet wurde, nie so wirklich in den Griff. Häufig war der fünffache Champions League-Sieger über sein Tempospiel und die erste Welle erfolgreich. Regelmäßig gelang es die Außenspielerinnen in Szene zu setzen, die vor allem in der ersten Hälfte hochprozentig trafen. Bei den Györer Abschlüssen war Moreschi in ihrem letzten Spiel im SG BBM-Trikot zwar immer wieder dran, aber häufig nicht entscheidend. So führte der 17-fache ungarische Meister, der sein Halbfinale am Samstagnachmittag gegen den dänischen Meister Team Esbjerg knapp mit 24:23 gewonnen hatte, beim 8:3 bereits Mitte der ersten Hälfte mit fünf Toren. In der Folge trafen beide Teams abwechselnd, ehe Györ mit dem 15:9 nach 24 Minuten den Vorsprung auf sechs Tore ausbaute. Xenia Smits per Siebenmeter und Sofia Hvenfelt zwei Minuten vor der Pause konnten den Rückstand zum 12:16 nochmal etwas verkürzen, ehe Ana Gros zum 17:12-Halbzeitstand traf.
Dorottya Faluvegi erzielte mit dem 13:17 gegen ihren Ex-Verein den ersten Treffer der zweiten Hälfte und ließ Hoffnung auf eine Bietigheimer Aufholjagd aufkommen. Doch insgesamt agierten die SG-Ladies im Angriff häufig glücklos. Symptomatisch dafür ein Siebenmeter, den Karolina Kudlacz-Gloc an den Pfosten warf und im Nachsetzen an der Latte scheiterte. Weil dazu Silje Solberg im Tor von Györ einen absoluten Sahnetag erwischte, insgesamt 40 Prozent der Würfe parierte und 16 Paraden zeigte, lag die SG BBM beim Stand von 14:21 nach 37 Minuten mit sieben Toren zurück. Aber die SG-Ladies, die nach dem TV Lützellinden 1992 – damals noch im Europapokal der Landesmeister – als erste deutsche Mannschaft nach 32 Jahren wieder das Finale der Königsklasse erreicht hatten, gaben nicht auf und steigerten sich in der Abwehr. Ab der 38. Minute blieb die SG BBM über sieben Minuten ohne Gegentor, wurde im Angriff – auch begünstigt durch zwei Überzahlsituationen – effektiver und war Mitte der zweiten Hälfte nach dem 17:21 durch Faluvegi zumindest wieder auf vier Tore ran. Doch Györ antwortete auf das kurze schwäbische Zwischenhoch mit einem 4:1-Lauf, sodass der Deutsche Meister zehn Minuten vor dem Ende mit 18:25 und damit wieder sieben Tore hinten lag. Nach einer erneuten Strafzeit gegen die Ungarinnen konnte sich Bietigheim nach Toren von Sofia Hvenfelt, Inger Smits und Veronika Mala nochmal auf vier Tore zum 21:25 heranarbeiten. Auch weil Sarah Lønborg, die in der Schlussphase im Tor übernahm, noch vier Paraden zeigte. Anschließend stellte SG BBM-Cheftrainer Jakob Vestergaard auf eine offensive Deckung um. Doch dagegen fand Györ immer wieder Lösungen und ließ in der Crunchtime keine größere Spannung mehr aufkommen. Immerhin gelang Bietigheim in Person von Kudlacz-Gloc mit der Schlusssirene das letzte Tor des Finals zum 24:30-Endstand. Damit feierte Györ am Ende verdient zum sechsten Mal in der Vereinsgeschichte den Gewinn der EHF Champions League. Auf Seiten der Bietigheimerinnen wich die Enttäuschung spätestens bei der Siegerehrung und dem Erhalt der Silbermedaillen und Stolz machte sich breit.
SG BBM-Cheftrainer Jakob Vestergaard: „Das war heute nicht unser Spiel. Györ war sehr gut, das beste Team der Welt. Besonders in der ersten Hälfte hatten wir Probleme und haben dann versucht etwas umzustellen. Aber wir müssen ehrlich sein und Györ gratulieren, weil sie heute einfach besser waren. Die Atmosphäre war herausragend und das Wochenende war ein spannendes Erlebnis für uns. Wir haben jetzt etwas Erfahrung im Champions League-FINAL4 gesammelt und hoffen, dass wir wieder herkommen.“
Tore: Hvenfelt 5, I. Smits 3, Kudlacz-Gloc 3/1, Mala 3, Gassama 2, Döll 2/1, Dulfer 2, X. Smits 2/1, Faluvegi 2.
Zuvor hatte sich Team Esbjerg im Spiel um Platz 3 mit 37:33 gegen den französischen Doublesieger Metz Handball durchgesetzt und damit die Bronzemedaille gesichert.
Nach gemeinsamen Feierlichkeiten in Budapest geht es für die SG-Ladies in den verdienten Urlaub, bevor der Wechsel zur HB Ludwigsburg vollzogen wird und dort die Vorbereitung auf die neue Saison beginnt. Das erste Pflichtspiel der neuen Saison und in HB-Gewand bestreitet der Champions League-Vize beim deutschen Handball Super Cup am 31. August im PSD BANK DOME in Düsseldorf gegen den DHB-Pokalsieger TuS Metzingen. Der erste Bundesliga-Auftritt als HB Ludwigsburg steht für den Deutschen Meister am Mittwoch, 4. September in der heimischen MHPArena an. Die neue Saison in der EHF Champions League beginnt am 7./8. September.